
In Indonesien überlagern sich Schock, Selbstzweifel und Zuversicht. Der Terroranschlag auf zwei der am besten gesicherten Luxushotels in Jakarta traf die Bürger aus heiterem Himmel. Erst wenige Tage vor dem schwarzen Freitag hatten sie die zweite Präsidentenwahl seit dem Ende der Ära Suharto friedlich absolviert und sich dafür international feiern lassen.
Nun stellen sich die Indonesier - die anders als Inder oder Chinesen nicht zu Selbstgewissheit neigen - wieder schmerzhafte Fragen: Hat man die Gefahren nicht sehen wollen, ja möglicherweise verleugnet? Ist man nicht fähig, die Sicherheit der Bürger und - in diesem Fall - der Ausländer zu gewährleisten? Hat man wirklich den richtigen Mann im Präsidentenamt bestätigt? Überprüft wird nicht weniger als das neugewonnene Selbstbild.
Auf einem besseren Weg
Selten zuvor hatten sich die Indonesier auf einem besseren Weg gewähnt. Nach drei Jahrzehnten Militärdiktatur und unruhigen Übergangsjahren schienen sie endlich das Gemeinwesen entwickelt zu haben, das zu ihnen passt: eine auf Konsens ausgerichtete Demokratie, die den toleranten Umgang zwischen den Religionen mit Stabilität und Sicherheit verbindet.
Selten zuvor hatten sich die Indonesier auf einem besseren Weg gewähnt. Nach drei Jahrzehnten Militärdiktatur und unruhigen Übergangsjahren schienen sie endlich das Gemeinwesen entwickelt zu haben, das zu ihnen passt: eine auf Konsens ausgerichtete Demokratie, die den toleranten Umgang zwischen den Religionen mit Stabilität und Sicherheit verbindet.
Auf große Zustimmung waren die Fahndungserfolge nach den vier großen Terroranschlägen zwischen 2002 und 2005 gestoßen. Hunderte Mitglieder und Unterstützer der „Jemaah Islamiah“ (JI) wurden festgenommen, Dutzende verurteilt, drei von ihnen hingerichtet. Zwei der
vermutlich drei JI-Anführer konnten mit westlicher Hilfe unschädlich gemacht werden. Fachleute nehmen daher an, dass nicht die „alte JI“ hinter den Anschlägen stecke, sondern eine neue Splittergruppe unter Führung des Malaysiers Nurdin Top.
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Gleichwohl wurde womöglich nicht genug getan, um den Nährboden für einen islamischen Extremismus auszutrocknen. Statt den radikalen Forderungen von Fundamentalisten entgegenzutreten, bemühte sich die Regierung Präsident Yudhoyonos stets um deren Einbindung. Das Experimentieren mit Scharia-Elementen im Rechtswesen, das bei manchen Provinzregierungen in Mode gekommen ist, wurde von Jakarta nicht juristisch bekämpft, sondern allenfalls politisch gebremst.
Unter Kontrolle
Die Forderung fundamentalistischer Geistlicher, die islamische Sekte der Ahmadiyya zu verbieten, wurde von Yudhoyono nicht abgeschmettert, sondern in einen Kompromiss verwandelt: Die Sekte darf weiterhin ihrem Glauben nachgehen, ihre Lehre aber nicht mehr verbreiten. Auch das „Pornographiegesetz“, mit dem konservative Kräfte islamischen Anstand durchsetzen wollten, wurde nach langen Debatten verabschiedet, wenn auch in abgeschwächter Form. Solche Konzessionen trugen dazu bei, gesellschaftliche Konflikte für den Moment zu entschärfen. Aber vermutlich halfen sie auch, in einer an sich liberalen Gesellschaft eine stärkere Religiosität salonfähig zu machen. Sie haben den Eiferern aber nicht das Gefühl vermittelt, auf einem völlig falschen Weg zu sein.
Die Forderung fundamentalistischer Geistlicher, die islamische Sekte der Ahmadiyya zu verbieten, wurde von Yudhoyono nicht abgeschmettert, sondern in einen Kompromiss verwandelt: Die Sekte darf weiterhin ihrem Glauben nachgehen, ihre Lehre aber nicht mehr verbreiten. Auch das „Pornographiegesetz“, mit dem konservative Kräfte islamischen Anstand durchsetzen wollten, wurde nach langen Debatten verabschiedet, wenn auch in abgeschwächter Form. Solche Konzessionen trugen dazu bei, gesellschaftliche Konflikte für den Moment zu entschärfen. Aber vermutlich halfen sie auch, in einer an sich liberalen Gesellschaft eine stärkere Religiosität salonfähig zu machen. Sie haben den Eiferern aber nicht das Gefühl vermittelt, auf einem völlig falschen Weg zu sein.
Unklar ist, ob dies die Wiederkehr des islamisch inspirierten Terrorismus erklärt. Befürworter der Kompromiss-Politik wenden ein, die Integration religiöser Kräfte in den jungen und noch immer fragilen demokratischen Konsens habe deren Aggressionspotential erkennbar geschwächt. Und vielleicht ist es auch schlichtweg naiv, vom bevölkerungsreichsten islamischen Land der Welt zu erwarten, es könne seine mehr als 200 Millionen Muslime bis zum letzten Sonderling unter Kontrolle halten.
Erschüttert, aber nicht gebrochen
Zweifel anderer Art hat die Reaktion Präsident Yudhoyonos hervorgerufen. Statt nach den Anschlägen die erwarteten Worte der Scham, des Mitgefühls und des nationalen
Zusammenrückens zu finden, stellte er sich als Opfer in den Mittelpunkt. Er sah Kräfte am Werk, die ihm die Wiederwahl missgönnten und vor der Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses „iranische Verhältnisse“ herbeisehnten. Selten zuvor wurde der Präsident so einhellig kritisiert.
Zweifel anderer Art hat die Reaktion Präsident Yudhoyonos hervorgerufen. Statt nach den Anschlägen die erwarteten Worte der Scham, des Mitgefühls und des nationalen

All dies hat das neue Selbstbewusstsein der Indonesier erschüttert, aber nicht gebrochen. Die Börsen mögen als Indikator an Glaubwürdigkeit verloren haben, aber dass die Kurse nach den Anschlägen nicht einmal kurzzeitig absackten, verrät doch die vorherrschende Stimmung. Niemand fürchtet ernsthaft, dass Indonesien durch Bombenattentate von seinem Erfolgskurs abgebracht werden könnte.
Führungsrolle in Südostasien
Die Indonesier sind stolz auf ihre Demokratie, was sich nicht zuletzt in einer hohen Wahlbeteiligung ausdrückt. Und sie begreifen es als Erfolg, dass ihre Wirtschaft in diesem Jahr gegen den internationalen Trend um vier bis fünf Prozent wachsen wird. Indonesien hat nicht nur die Führungsrolle in Südostasien zurückerobert, sondern ist auch dabei, in die Riege der großen sich entwickelnden Wirtschaftsmächte aufzurücken.
Die Indonesier sind stolz auf ihre Demokratie, was sich nicht zuletzt in einer hohen Wahlbeteiligung ausdrückt. Und sie begreifen es als Erfolg, dass ihre Wirtschaft in diesem Jahr gegen den internationalen Trend um vier bis fünf Prozent wachsen wird. Indonesien hat nicht nur die Führungsrolle in Südostasien zurückerobert, sondern ist auch dabei, in die Riege der großen sich entwickelnden Wirtschaftsmächte aufzurücken.
Zum Vorbild wählte man nicht die chinesische Volksrepublik, sondern Indien, dem es als einzigem Schwellenland in Asien gelungen ist, Demokratie und Rechtsstaat mit einem beeindruckenden Wirtschaftswachstum zu verbinden. Was die politische Kontinuität angeht, ist Indien noch voraus. Aber im Hinblick auf die Sicherheit vor Terroranschlägen muss sich Indonesien auch nach seinem schwarzen Freitag nicht verstecken.
Autore: Jochen Buchsteiner
Fonte: www.faz.net
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