
Das Abkommen zum Rückzug der amerikanischen Soldaten aus dem Irak ist ein Erbe von George W. Bush, dessen Dividenden jetzt Präsident Obama auf sein Konto gut schreiben kann. Die Amerikaner haben sich schon vor dem eigentlichen Stichtag, dem 30. Juni, aus den Städten zurückgezogen; bis zum Jahresende 2011 soll es dann keine amerikanischen Soldaten mehr im Irak geben.
In diesem Einsatz sind seit dem Kriegsbeginn im März 2003 mehrere Tausend amerikanische und mehrere Hundert alliierte Soldaten gefallen. Wie viele Iraker in diesen Jahren getötet wurden, ist umstritten – Zehntausende waren es auf jeden Fall, viele davon sind bei innerirakischen Auseinandersetzungen ums Leben gekommen. Der Kongress gibt als Kosten dieses militärischen Unternehmens allein für die Vereinigten Staaten 657 Milliarden Dollar an.
Die Balance am Golf steht im Zentrum der Weltpolitik.

Die Balance am Golf steht im Zentrum der Weltpolitik.
Ob es den irakischen Sicherheitskräften nun ohne ausländische Hilfe gelingen wird, die Konflikte in den Griff zu bekommen, die im „Zweistromland“ nach wie vor schwelen, ist unter Fachleuten umstritten. Es ist zu früh, um die neue Welle der Gewalt, die über das Land in den vergangenen Wochen hinweggegangen ist, schon als Beleg für das Eintreffen jener Prognose zu nehmen, dass im Irak nach dem Abzug der Amerikaner bürgerkriegsähnliche Zustände ausbrechen werden.
Letztlich hängt dies von der irakischen Politik ab: ob es gelingt, eine akzeptable Machtaufteilung zwischen der Mehrheit der Schiiten und den Sunniten, aus denen sich unter Saddam Hussein die „herrschende Klasse“ rekrutierte, zu finden.

Ob für den Streit zwischen den kurdischen Behörden im Nordirak und der Zentralregierung um die Ölfelder von Kirkuk eine Lösung gefunden wird. Ob für das Land die richtige Mischung aus föderalem Aufbau und zentralem wirtschaftlichem Ausgleich politisch durchsetzbar ist.
Jetzt erst wird sich die Frage entscheiden, ob der Krieg, in dem ein Tyrann gestürzt wurde, nicht nur hohe Opfer gefordert hat, sondern auch Voraussetzungen für eine bessere Gesellschaft und einen demokratischen Staat gelegt hat.
Das müssen auch diejenigen dem neuen Irak wünschen, die gegen den Krieg waren – schon aus Eigeninteresse. Die Lage am Persischen Golf verträgt keine zusätzlichen Krisen. Denn die politisch-militärische Balance dort ist keine regionale Sache, sie steht im Zentrum der Weltpolitik.
Autore: Günther Nonnenmacher
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